Kevin Schulzbus & Manfred Schambrowski

Kevin Schulzbus & Manfred Schambrowski

Viele Jahre wohnte ich in einem Hinterhaus, mit engem Hof und steiler Treppe. Es war mein Paradies. Ich wusste es, von Anfang an. Jeden Tag wollte ich genießen, denn ich wusste dieser Ort ist endlich. 

Mein Zimmer war klein, die Decke niedrig und die Sommer waren unerträglich heiß. Zu heiß zum Schlafen, und zu heiß für unsere Kürbisse, die auf unserem Dach wachsen sollten. Dennoch war es schön. 

Mein Bett lag gleichauf mit meinem Fenster. Von dort aus sah ich Betrunkene in unsere Wohnung wanken, die glaubten sie befänden sich im Vorderhaus, ich lauschte der wütenden Hausverwaltung und ihren Umbauplänen und wachte auf, weil darunter geküsst und geliebt wurde. Und sonst? Unter mir unser kleiner Hinterhof, über mir der Himmel, und direkt davor, eine rote Backsteinmauer, die Rückseite des Vorderhauses; keine fünf Meter von mir entfernt. 

Ich starrte oft darauf. Zählte Spalten, begutachtete defekte Steine, schaute nach Mustern und Eigenarten oder träumte vor mich hin. Langeweile empfand ich dabei nie; ich war zufrieden und mochte meinen Ausblick. 

Große Fenster, lichtdurchflutet, ein Blick ins Tal oder über die Stadt, ich war davon unbeeindruckt. Und dennoch, eines Tages fragte mich ein Freund, ob mich der Blick aus meinem Fenster nicht stört. Nein, überhaupt nicht. 

Ich liebte unser Hinterhaus, die vielen schönen und verrückten Momente, meine Freunde, die dort wohnten und unsere vielen Gäste und Leute, die uns besuchten. Die Wand vor meinem Fenster, ich konnte sie nur lieben. Genau deswegen. Weil eben nicht nur die Wand, darüber entscheidet, wie man sie findet, sondern auch der Ort, von dem aus man sie betrachtet. Und der war ein Paradies. 

Liebe Grüße an T., Ä. & R. und ans Hinterhaus – unvergessene Zeiten. 
Peace an Kevin Schulzbus. Ich wäre dann soweit. … 

Euer M. Schambrowski


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An dieser Stelle eröffnen wir unsere kleine Kolumne, zusammen mit Kevin Schulzbus. Er schickt ein Foto seiner Wahl, unser Manfred reagiert darauf mit einem Text. Ohne Regeln und Firlefanz, stattdessen reduziert aufs Wesentliche: Bild & Text. Wir freuen uns drauf. Lassen wir die Beiden sich austoben. Feuer frei!